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Briefe Eltern

Mutter, 52

Keine Idee ist perfekt, auch die der Schule nicht. Ich bin Anwältin und wenn man erstmal Jura studiert hat denkt man an die Schule zurück und findet alles nur einfach. Bis ich letztes Jahr auf Empfehlung einer Therapeutin meines Kindes das Buch Vom Gehorsam zur Verantwortung gelesen habe, habe ich genau so gedacht und meine Kinder auch so behandelt. Mein ältestes Kind ist seit einem Jahr mit Depression zu Hause, nichts geht mehr. ALs sie krank wurde hat mich das eine Wut und Hilflosigkeit in mir ausgelöst, die mehr mit ihr als mit mir zu tun hatte. Ihre Depression habe ich als Provokation empfunden – ich reiße mich ein Leben lang zusammen aber mein Kind weigert sich dachte ich oft. In diesem unfassbar schweren Jahr wurde mir aufgezeigt, wie mein Kind ein Spiegel meiner eigenen Seele ist, ich habe verstanden mit was für einer Kälte und Angst vor Emotionen ich groß geworden bin und dass ein erfolgreiche Karriere in einem angesehnen Berufsfeld für mich den Wert gebracht hat, den ich als Mensch, als Kind nie bekommen habe. Mein Kind macht das nicht mehr mit und ist jetzt krank. Wenn es auf meine Stimme ankommen würde, um das Schulsystem zu verändern, dann will ich mitgeben, dass Schule Menschlichkeit, menschliche Qualität braucht. Ja wir können uns auch ohne entwicklen, aber dann wissen wir letztlich nicht wer wir sind. Und ich glaube unsere Kinder haben aktuell nur 2 Möglichkeiten: In der Anpassung unterzugehen wie ein Roboter oder nicht länger akzeptieren nicht zu wissen wer sie sind.

Mutter, Berlin, 52

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