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Briefe Schüler:innen

Ich kann nicht mehr

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mich mehr so wirklich unterhalten. Ich habe zwar einige Freunde, aber oft fühlt sich die Zeit, die ich mit ihnen verbringe -welche sich oft auf Pausen begrenzt- sinnlos an. Es fühlt sich so unnötig an. Es gibt so viel, was ich zu besprechen habe. So viel, was ich berichten kann, was mich beschäftigt, worüber ich diskutieren möchte, was ich loswerden möchte, was mich belastet.

Ich hätte gern einen Mehrwert aus der Zeit, die ich mit eigentlich so tollen Menschen verbringe. Aber wahrscheinlich lässt Schule das nicht zu. Wahrscheinlich nimmt Schule einen so großen Teil unserer Zeit und unseres Kopfes ein, dass für nicht viel mehr Zeit übrig ist.

Schule (das System/die Menschen hinter dem System?), ich hätte gern meine Gespräche zurück. Ich hätte gern mein Leben zurück. Meine Zeit und die glücklichen Momente, die ich mit tollen Menschen haben könnte. So viel für nichts. Stattdessen ist mein Leben Schulqual, Vorbereitung bzw. Nachbereitung (aka Lernen) der Schulqual und Schulqual verdrängen mit Scheiß, den ich mir auf YouTube und Co antue. Für viel mehr ist nichts übrig -weder Zeit noch Kraft. Wofür?

Ich hätte gern Bildung statt Beschulung, Bereicherung statt Belehrung. Ich möchte gern beigebracht bekommen, dass das Leben schön, faszinierend und wertvoll ist, nicht wie sich Stress und Depressionen anfühlen, was Mobbing ist, dass manche Menschen mehr wert seien als andere und wie kaputt mich Kapitalismus macht und machen wird.

Wie konnte so etwas Tolles wie Wissensbereicherung zu so etwas Furchtbarem wie Schulsystem mutieren? Das, was Chancen aufzeigen, aufbauen, Gerechtigkeit schaffen, Leben formen, Persönlichkeiten schaffen, Mut machen, Probleme lösen könnte, zerstört Leben und kriminalisiert Fehler. Alles daran ist falsch, unter dem Alibi der Aufklärung.

In der Schule wird nicht gelernt. Wenn ich meinem Vater erzähle, ich habe etwas in der
Schule gelernt, schaut er mich verblüfft an und ist erstaunt. Warum gehen wir nicht in die Schule, weil wir fasziniert von Wissen sind, sondern weil wir müssen?

Und das Schlimmste ist, dass es normal ist. Zu leiden wird normalisiert. Niemand kritisiert es.
Und wer es tut, der nervt. Er soll sich doch einfach fügen. Machen ja schließlich alle so.
Was wir nicht verstehen ist, dass wir in der Mehrheit sind. Wir haben die Macht zu ändern,
was uns nicht recht ist. Wir sind nur schon zu müde, ausgelaugt und kaputt, schon zu tief
drin, um das zu realisieren. Ich kann nicht mehr

Schüler

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