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Newsletter // Das Schul-Drama

Ihr Lieben,

heute kommt unser neues Buch „Das Schul-Drama und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken“ in die Buchläden!

Aus diesem Anlass laden wir Euch herzlich ein:
Freitag, 8. November 2024, ab 18 Uhr
RealLabor Leipzig – Friedliche Bildungsrevolution,
Brühl 48, Leipzig

18:00 Uhr: Beerdigung der alten Muster
In einer kurzen Performance beerdigen wir zwei prominente Weggefährten des Schulsystems,
die jede:r von uns kennt, und erweisen ihnen die letzte Ehre.

18:30 Uhr: Lesung
Margret Rasfeld und Ute Puder stellen ihr neues Buch „Das Schul-Drama und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken“
offiziell der Öffentlichkeit vor.

Wir freuen uns auf euch!

„Das Schul-Drama und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken“, ist ein großes Plädoyer für einen Paradigmenwechsel im Schulsystem. Tradierte Leistungs- und Bewertungsmechanismen werden ebenso hinterfragt, wie das Grundübel der Selektion an deutschen Schulen.

Ist das normal, dass Kinder eine 40-Stunden-Schul-und-Hausaufgaben-Woche haben?Ist es normal, das Kinder durch Prüfungen, Test und Abfragen unter Dauerstress setzen, sie ängstigen und in ihrem Selbstwert schwächen?

Ist es normal, dass für das, was sie interessiert und bewegt, keine Zeit ist, weil immer nur vom Stoff die Rede ist?

Treten wir heraus aus dem Hinnehmen, Erdulden und Erleiden. Sprechen wir Missstände an. Aussprechen macht Probleme sichtbar und bearbeitbar. Aussprechen befreit.

Wir wollen mit diesem Buch aufrütteln, die Herzen bewegen, Zusammenhänge aufzeigen, zum Handel inspirieren, zum Haltungswandel in Schulen und Gesellschaft ermutigen.

Wir Erwachsenen sind Vorbild und haben die Verantwortung für unsere Kinder. Überall wo wir Kindern begegnen, sollten wir ihnen Mut machen. Und mit diesem Buch wollen wir dich ermutigen.

Gerald Hüther

»Ich weiß nicht, wie viele Eltern, aber auch verzweifelte und ausgelaugte Lehrkräfte angesichts der gegenwärtigen Situation in so vielen Schulen noch ruhig schlafen können. Dazu gibt es keine Umfragen, wahrscheinlich deshalb, weil dann allzu offensichtlich und unabweisbar würde, wie groß das Drama ist, das ihre Kinder dort erleben. Als Drama bezeichnen wir eine Theateraufführung immer dann, wenn das Ergebnis einer Handlung noch Auswege zulässt, wenn also noch Hoffnung besteht. Margret Rasfeld und Ute Puder machen Hoffnung: Es ist möglich, doch noch die Kurve zu kriegen. Für unsere heranwachsenden Kinder und Jugendlichen wäre das ein Segen. Denn so, wie es nun schon seit Jahren ist, kann es nicht weitergehen. In diesem Buch wird nicht über die Schule gemeckert, sondern ihr Neubau vom Fundament aus beschrieben.«

Liebe Grüße
Margret, Ute, Manu und das ganze RealLabor-Team

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Briefe Schüler:innen

Fünf Tage die Woche

Fünf Tage die Woche: Schule.
Eine konstante Müdigkeit, eine wechselnde Übelkeit in mir.
So sind sechs Jahre vergangen, ohne dass ich auch nur die Chance hatte, mich kennenzulernen und zu entfalten. In der Schule schaue ich tagtäglich in die müden, antriebslosen Gesichter meiner Freunde.
Ein gemeinsames Lernen sollte es sein, aber es ist eher ein graues Kotzen des Lehrplans.
Oft fühle ich mich krank. Wie ein Luftballon, der so voll ist, dass er kurz vorm Explodieren ist. Wenn er explodieren sollte, kommt nichts Neues raus, denn ich weiß, ich bin nicht alleine. Mit meiner Wut, Trauer oder was auch immer in mir steckt. Verzweiflung?

„Nein, FALSCH!“, hallt es in meinem Kopf. Oder auch: „So was kenne ich gar nicht von dir!“ So etwas kenne ich von mir selbst nicht, möchte ich schreien.
Ganz laut.
Aber ich sitze still an meinem Platz, auf dem Holzstuhl und nicke nur, schaue auf den Boden und spüre die peinliche Röte auf meinem Gesicht. Achtundzwanzig Augenpaare auf mir.

Schaut weg, ich bin nicht die Einzige!

Ich kann nicht mehr. Ich möchte weg. Einfach weg.
Ich bin kaputt, habe Angst, Fehler zu machen.
Wo habe ich das gelernt: In der Schule.

Diese Unmenschlichkeit, mit der wir Menschen uns jeden Morgen im Schulgebäude begegnen, halte ich nicht mehr aus.

Umarmt mich mal bitte jemand? BITTE!
Wie geht es dir eigentlich?
Mir?
Ja, dir!
Ach, wie soll es dir gehen? Ich habe gestern Abend bis 0:23 Uhr an meinem Schreibtisch gesessen und Mathehausaufgaben gemacht, Vokabeln für Englisch gelernt und versucht, Geographie zu lernen für den heutigen Test.
Dann bin ich ins Bett gegangen. Für Geo habe ich mir Karteikarten geschrieben, die ich morgen in der 25-minütigen Pause auswendig lernen muss.
Ich konnte nicht einschlafen.

1:58 Uhr mache ich mir ein Hörspiel an, um meine Gedanken und Angst nicht mehr ertragen zu müssen.

Heute Morgen bin ich aufgewacht. Ich fühle mich krank. Im Bad habe ich mir eiskaltes Wasser in die Fresse geklatscht und zu mir gesagt: „Heute ist Freitag, letzter Tag, den schaffst du auch noch!“

7:10 Uhr. In 10 Minuten muss ich los. Noch schnell etwas essen und trinken, sonst halte ich den Tag erst recht nicht aus!

ZACK. Da ist sie wieder, „die Übelkeit“. Jeder nennt es Übelkeit, aber alle wissen, es ist die pure Angst, die einem im Magen liegt.
In meinem Abschlussjahr sind die Jugendlichen in der Pause leise. Still und gebrochen. 1/3 schläft auf der Tischbank, 1/3 schreibt Hausaufgaben ab. Und 1/3 versucht sich selbst verdrängen und dröhnt sich voll. Ich sitze in einem Zimmer voller kranker Menschen. Manche versuchen, sich mit Sarkasmus vor der Explosion zu retten. Einige können nur durchhalten, wenn sie andere zur Explosion drängen.
Übrig bleiben Opfer, die explodieren.

BOOOOM

Jugendliche im Krankenhaus wegen Selbstmord (10-Klässlerin).

Ich schaue mich um. KEINER. Wirklich niemand, macht etwas. Alle sind kalte, leere Maschinen, die funktionieren müssen. Die Einen mehr, die Anderen weniger. Aber ich bin ein Teil von ihnen. Eine Maschine. Oder?

NEIN! So bin ich nicht immer gewesen. Ich bin ein Mensch, der gerne lernt.

ABER NICHT SO!

Mila, Schülerin

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Briefe Schüler:innen

Die Angst Fehler zu machen

Schule. Wie war schule für mich? Eigentlich war meine ganze Schulzeit die Angst Fehler zu machen. Angst mich zu melden und zu sprechen. Angst davor, etwas Falsches zu sagen. Weil mir immer klar gemacht wurde, dass meine Antworten richtig sein müssen.

Ich weiß noch, dass in einem Klassenzimmer ein Zettel an der Wand hing mit Verhaltensregeln darauf.

  • MELDEN
  • DRAN KOMMEN
  • RICHTIGE ANTWORT GEBEN

Das stand auf diesem Zettel. Dadurch wurde den Kindern also jeden verdammten Tag eingetrichtert, dass alles, was aus ihrem Mund kommt richtig sein muss. Und diesen Gedanken hatte ich immer im Hinterkopf. „melde dich nur, wenn es zu 100% richtig ist.“

Und dafür, dass man nicht so einfach reden kann, bekommt man auch noch schlechte Noten. Ich verstehe das nicht! Das ist wie eine Bestrafung für etwas, was du noch lernen musst. Und bringt mich das irgendwie weiter? Nein. Tut es nicht.

Fehler sind zum lernen da. Durch Fehler lebt man. Aber in der Schule werden sie komplett ins negative gezogen und gegen dich verwendet.

Und immer diese Noten! Noten, Noten, Noten. Was bringen mir Noten!? Sie sagen bzw. zeigen mir, was ich falsch gemacht habe und was ich besser machen muss.

10 Jahre habe ich das beigebracht bekommen und es ist nicht viel hängen geblieben, was für mein Leben nützlich ist. Und jetzt…jetzt kommen noch 3 weitere Jahre. Noch schwerer, noch auslaugender.

Ich habe Angst.

 

Martha, Schülerin

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Briefe Eltern

Hamsterrad

Raus aus dem Hamsterrad, rein in die Zukunft!

Als Vater von zwei kleinen Töchtern, Neurowissenschaftler und Zukunftsdenker bin ich sehr besorgt über den Zustand unseres Bildungssystems und damit unserer Gesellschaft. Wir stehen vor globalen Herausforderungen gewaltigen und nie da gewesenen Ausmaßes. Schnelles, verantwortungsvolles und mutiges Handeln ist notwendig. Doch findet dies weder wirklich statt, noch werden dafür die Wurzeln gelegt. Und beides hat fatale Konsequenzen:

Kein Handeln:

Dass ein wertebasiertes und konsequentes Handeln nicht stattfindet, führt zu starkem Vertrauensverlust. Zunächst in die Politik, die Gesellschaft und die Zukunft allgemein – es fehlen die Vorbilder, zu denen man aufschaut. Dann aber auch in sich selbst, denn diese Überwältigung mit gigantischen Problemen in Kombination mit nahezu ausschließlich negativer Berichterstattung führt zu erlernter Hilflosigkeit. Man gibt auf, auch dann, wenn man vielleicht doch etwas bewirken könnte. Machtlosigkeit. Ohnmacht. Ohne Macht der Wirksamkeit sinkt die Selbstwirksamkeit. Angst entsteht, Resignation ist die Folge. In Folge sind wir weniger kreativ, schotten uns ab, fallen in alte Muster zurück. Ein Teufelskreis, der mit zunehmender Depression und Polarisierung einhergeht.

Keine Wurzeln:

Die Schule stellt leider zu großen Teilen einen realitätsfernen, archaischen Ort da. Statt junge Menschen zu begleiten, sich als wundervolle und einzigartige Individuen zu entfalten, werden sie durch einen standardisierten Leistungsapparat geschleust. Wie auf einem Fließband wird durchoptimiert und man wundert sich, dass am Ende die Qualität abnimmt. Kein Wunder. Neben dem grundlegend falschen Prozess nutzen wir auch noch die komplett falschen Messgrößen. Es geht nicht um Reproduktion von Fakten und Wissen, das können bereits heute Maschinen und Algorithmen viel besser. Stattdessen brauchen wir eine Umgebung, die die Entfaltung der Persönlichkeit, von Neugier und Mut fördert. Die Menschen stärkt und ihnen individuellen Kompetenzen (Future Skills) vermittelt. Die sie befähigt, in einer hoch-dynamischen, unsicheren und turbulenten Welt zu leben und zu gestalten. Eine Umgebung, die Wertschätzung, Dankbarkeit, Empathie und Werte vermittelt. Eine Umgebung, die dabei unterstützt, die eigene Leidenschaft zu entdecken und zu entwickeln und diese im Sinne des Gemeinwohls einzubringen. Eine Umgebung, die Resilienz und Anpassungsvermögen vermittelt.

Wenn wir eine Zukunft wünschen, in der wir leben wollen, brauchen wir einen Paradigmenwechsel in Erziehung und Bildung junger Menschen. Und wir brauchen ihn jetzt!

6 Thesen für eine lebenswerte Zukunft:

  1. Orientierung: Wir brauchen authentische Vorbilder, zu denen junge Menschen aufschauen können
  2. Positivität: Wir brauchen positive Narrative, die anregen und inspirieren, die Mut machen
  3. Menschlichkeit: Wir brauchen weniger Wissen und mehr menschliche Kompetenzen (Future Skills) an Schulen
  4. Gestaltung: Wir brauchen mehr Kreativität, Kollaboration, Mut und Werte an Schulen
  5. Heilung: Wir müssen lernen, mit den eigenen Traumata der Kindheit umzugehen, sie entstigmatisieren und die Kette des Weitergebens unterbrechen
  6. Spiritualität: wir brauchen mehr Verbundenheit zu uns selbst (Achtsamkeit & Self-Care), zu anderen (Empathie & Mitgefühl) und unserem Planeten (planetares Bewusstsein & Human-Nature-Connection)

Dr. Arndt Pechstein | Neurowissenschaftler, Agiler Coach, Autor, Vater, Mensch

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Briefe Lehrer:innen

Der Übertrittswahnsinn

Wenn die Kinder nach dem Übertritt bei uns in der Mittelschule ankommen, sind sie sind am Ende. Sie haben immer nur erfahren, sie sind nicht gut genug, ihre Leistungen sind schlecht. Sie sind dumm, sogar das hören die Kinder von Lehrern und sie sind halt die allerletzten. Kommen Sie zu uns auf die Mittelschule müssen wir sie erst einmal aufpäppeln, richtig aufbauen und auch die Eltern erzählen, dass sie zum ersten Mal seit Jahren erleben, dass ihr mein Kind keine Angst hat, in die Schule zu gehen, wieder Freude hat. Sie erzählen, wir haben nicht jeden Tag Kampf, dass die Kinder überhaupt gehen, geschweige denn was lernen. Die Kinder sind total fertig mit der Welt. Der Kampf beginnt mit Hausaufgaben, Unmengen an Hausaufgaben, die die Kinder gar nicht bewältigen können, wo sie jeden Tag erfahren, ich schaff gar nicht, was von mir erwartet wird. Und dann die Noten. Ständig für Noten lernen. 40 Proben in der vierten Klasse. Jede Woche ein bis zwei Proben. Die Eltern versuchen das durchzukämpfen, sich mit den Kindern hinzusetzen und die Kinder können einfach nicht mehr . Und plötzlich ist dieser massive Druck weg und die Kinder haben wieder Erfolgserlebnisse und wieder Lust zu lernen. Es funktioniert mit nur Angst und Druck einfach nicht. Und die Eltern fühlen sich auch als Verlierer. Es ist schlimm. Die Scham, denn auch den Eltern wird permanent gespiegelt: ist dein Kind nicht erfolgreich, machst du was falsch. Auch da ist ein großes Leid in Familien. Eltern sagen, wir gefährden auch die Beziehung zwischen dem Kind und uns, weil es ständig nur noch um Schule geht und um Leistung. Und wenn die Leistung nicht gut ist, ist die Beziehung schlecht. Es belastet Familien massiv. Eltern sagen, wir können unserem restlichen Leben gar nicht mehr nachkommen. Es ist wirklich der Wahnsinn. Durch die Selektion nach der vierten Klasse. Die Note ist gut oder sie ist schlecht, Raum für andere Dinge gibt es nicht. Es ist wirklich ein Verbrechen an den Kindern und den Familien, die da alle in Geiselhaft genommen werden von diesem Übertrittswahrsinn. Es hat mit lernen nichts mehr zu tun. Kinder lernen dann gut, wenn es Ihnen gut geht, wenn sie sich wohl fühlen. Sonst kommt ja nichts ins Gehirn und wenn wir den Anspruch haben, Kinder sollen möglichst viel lernen in der Schule, dafür ist ja Schule da, dann müssen wir dafür sorgen, dass es Kindern gut geht. Die Eltern, die Druck machen, sind im Zwiespalt. Einerseits sagen Sie, sie wollen das nicht und fühlen sich schlecht, andererseits ist da die Angst, die immer wieder reproduziert wird: wenn dein Kind nicht aufs Gymnasium geht, hat es keine Chance, keine Möglichkeit auf einen guten Schulabschluss. Du hast dann versagt als Elter.  So geht es auch den Eltern schlecht.

Kerstin K. Mittelschullehrerin in Bayern

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Briefe Schüler:innen

Ich habe eine Vision

Liebe Mitmenschen,

als ich meinen ersten Brief vor 1 ½ Jahren geschrieben habe, habe ich geweint. Und auch jetzt ist mir zum Weinen zumute.
Ich bin auch 3 Monate nach dem Schulabschluss noch sehr geschockt von meinen Erlebnissen dort.
Ich kann nicht sagen, dass ich in der Schule nichts gelernt habe. Ich habe auf krankhafte Art und Weise, verschiedene Dinge in meinen Kopf gestopft.
Und jetzt habe ich nichts davon.
Ansonsten fallen mir nur Dinge ein, die ich in der Schule verlernt habe: Naturverbundenheit, offen zu sein, Liebe, Wertschätzung zeigen, mit Dank und Kritik umzugehen, Spaß haben, Teamarbeit und das Schlimmste: Fühlen.
Die meisten Kinder und Jugendliche werden in der Schule kaputtgemacht. Durch Einstuhlung, durch Zeitdruck, durch Verallgemeinerung und durch unsensibles Lernen.
Alles daran ist falsch und ich bin empört darüber.
Ich bin empört über den Zustand unseres Bildungssystems, von dem alle wollen, dass es besser wird. Aber die Lösung dafür soll es sein, das alte System anzupassen. Völlig absurd, wenn man bedenkt, wie krank unser System ist. Da muss man nicht nur etwas Kleines hier und da ändern, da muss man rebellieren! Da muss man sich auflehnen! Und wenn von oben nichts kommt, dann muss etwas von unten, von uns kommen.

Ich habe eine Vision.

Als erstes stelle ich mir die „Lernorte“ als bunte und fröhliche Gebäude vor. Sie sind groß, aber nicht, um Angst zu erwecken, sondern um Freiheit für das Lernen sowohl zu bieten als auch zu symbolisieren. Um das Gebäude herum wachsen viele Bäume und die Schüler*innen pflanzen mit ihren Begleitpersonen schöne Blumenwiesen an, weil sie gelernt haben, dass das Insektensterben ein riesiges Problem ist.
Das nächste ist, dass das Lernen nicht nur für die Schüler*innen gilt, sondern für alle, die am Schulleben teilnehmen. Da die Lehrerkräfte nun eher Begleiter*innen oder Coaches sind, werden sie nicht mehr als die Allwissenden dargestellt. Das hat auch zur Folge, dass es in diesem Schulsystem keine Hierarchie gibt, die Menschen dazu befähigt, Macht auszuüben. Deswegen ist das Schulklima wesentlich besser und es herrscht eine familiäre Stimmung.
Außerdem ist in der Schule das Menschsein die höchste Priorität. Das bedeutet, dass Kinder und Jugendliche über den Menschen nicht nur körperliche Merkmale lernen, sondern auch innere Werte und Gefühle kennen. Des Weiteren lernen alle, wie man seine Meinung kundtut. Sie haben also eine Stimme, wodurch sie auch gesellschaftlich eine größere Lobby erhalten.
Es stehen in meiner Vorstellung nur noch adäquate Lerninhalte auf der Tagesordnung, die regelmäßig angepasst werden, um garantieren zu können, dass das Bildungssystem tatsächlich auf die Zukunft vorbereitet.
Alles in allem ist meine Schule der Zukunft ein bunter Ort mit positiver Energie, die Lust auf das Lernen macht.
Ein weiterer Grund dafür ist, dass es keine Benotung gibt und die Kinder nicht durch Drohung mit Bewertung „motiviert“ werden. Mithilfe von regelmäßigen Selbsteinschätzungen der Schüler*innen werden sie bewertet. Ziel dabei ist es, dass alle ihre eigenen Stärken kennen und ihnen die Schwächen bewusstwerden, um dann daran arbeiten zu können. So werden die Kinder zur stetigen Transformation ihrer selbst und damit auch ihrer Umgebung motiviert.
Wir sollten uns ein Beispiel an diesen Kindern und Jugendlichen nehmen, die in meiner Vision spielend in der Natur lernen und so viel über das Menschsein wissen. Wir müssen wieder zu unserer Menschlichkeit finden!

Ich wünschte, ich könnte noch einmal von vorn anfangen und auch so lernen, wie die Kinder der Zukunft.

Danke!

Josi, Schülerin

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Briefe Eltern

Die Schulzeit meiner Kinder

Meine Tochter war ein aufgewecktes, wissbegieriges Kind – sie hat alles aufgenommen wie ein Schwamm, leichtfüßig, voller Neugier, ohne Hemmschwellen. Meine Tochter hatte Glück in ihrer Grundschulzeit – ihre Lehrkräfte waren zugewandt, fröhlich, selbst voller Ideen – sie flog leichtfüßig durch diese Zeit. Der Wechsel auf das Gymnasium war für sie wie ein Einzug ins große Universum von neuem Wissen, ein Abenteuer – auch dort hatte sie noch zwei gute Jahre, Lehrer mit Flexibilität, die auch spontan auf Ideen ihrer Schüler eingehen konnten, die Interesse an ihren Schüler:innen hatten, ihnen zugewandt waren. Ab Klasse 8 ging es abwärts – meine Tochter wollte wissen, wofür sie die Dinge braucht, die im Lehrplan standen – sie wollte es verstehen. Die Erklärung, dass dies der Schulstoff ist, reicht nicht – wo wende ich das Wissen an, was mache ich damit? Das wollte sie wissen – die Auskünfte waren dürftig – es ging weiter bergab. In einer der Elternsprechstunden habe ich nachgefragt: Seit 3 Jahren gibt es sachliche Textanalyse – wofür? Wo bleibt die Vielfalt im Umgang mit unserer Sprache – wo wird die Schönheit berührt, die Poesie, das Gefühl? Die Antwort lautete wie folgt: „Ich weiß, dass ihr Kind kein Problem damit hat, aber ¾ der Klasse scheitern an einer einfachen Satzanalyse und die muss ich durchbringen!“ Mich hat das sprachlos gemacht! Eine ganze Klasse im Dilemma und im Druck. Warum fragen wir nicht, ob das auch anders geht? Warum bestehen wir auf dem analytischen Zerpflücken eines Satzes, anstatt die Sprache zu leben? Keiner der Jugendlichen hatte Sprachprobleme, wir alle lernen es spielerisch von Kindheit an, warum knechten wir uns so? Und das war nur ein Fach. Meine Tochter wurde depressiv – ich hätte mir gewünscht, dass sie dort rausgeht, einen anderen Weg ausprobiert, aber sie wollte bei ihren Freunden bleiben. Ich konnte nur versuchen, die Verbindung zu ihr zu halten. Es waren diese Jugendlichen, die den Satz nicht analysieren konnten, die meine Tochter gestärkt und mitgetragen haben mit ihrem großen Herz, ihrer Empathie – die sie ermutigt haben, ihr zugehört und sie aufgerichtet haben. Großartige wundervolle Jugendliche!! Ich bin ihnen mein Leben lang dankbar!

Mein Sohn ging bereits in der Grundschulzeit zu Boden – ein hoch empathisches Kind mit dem Wunsch, alles richtig zu machen. Aber was ist richtig? Die erste Lehrerin ging in Rente, es war ihre letzte Klasse und die Kraft war nicht mehr groß – in der ersten Klasse wurde viel geschrien, Angst zog ein. In der zweiten Klasse kam eine zugewandte Lehrkraft, aber sie war „nur Springer“ – damit kann keine Beziehung entstehen! Die Lehrkraft der dritten Klasse war beliebt, fröhlich, verständnisvoll. Sie war weg von einem Tag auf den anderen aufgrund einer schweren Erkrankung – es dauerte, bis die Information überhaupt zu Kindern und Eltern kam. Die Kinder waren in großer Sorge und völlig allein gelassen von Seiten der Schule – kein Auffangen, kein Mut machen – wir haben versucht zu kompensieren. Lehrer sind ungeheuer starke Bezugspersonen für die Kinder, warum wird das so wenig beachtet? Als Antwort der Schule kam ein 3-er Vertretungsteam, bis sich die Hauptvertretung den Arm brach, danach kam Lehrerin Nr. 7 in der 3. Klasse.

Es gab keine einheitliche Lehrmethode – Klasse 1 und 2 wurden ohne Zensuren und mit dem Projekt „freies Schreiben nach Gehör“ ohne jegliche Begleitung und Struktur unterrichtet. Dann kam Klasse 3 und die Benotung fing an. Das brach bei vielen das Selbstvertrauen – zwei Jahre war alles gut und jetzt alles falsch – am Ende der 3. Klasse hatte über die Hälfte der Kinder eine diagnostizierte Lese- und Rechtschreibschwäche – um den Übertritt zu sichern. Was macht das mit den Kindern? Diagnose fehlerhaft? Diagnose Schwäche? Warum? Mein Sohn ging als einziger zur Mittelschule – wir haben das besprochen, alle anderen Schulen hätten ihn zerstört, die Lehrkräfte der Mittelschule bei uns fingen die Kinder auf – sie kannten alle die Brüche. Aber die Mittelschule ist nicht angesehen. Warum eigentlich?

Glauben wir, dass eine Gesellschaft nur mit Abitur funktioniert? Eine Gesellschaft braucht uns alle, wie Puzzleteile, alle sind gleich wichtig! Im ersten Elternabend an der Mittelschule bin ich an einer SteckbriefGalerie der neuen Schüler vorbeigelaufen – es hat geschmerzt! Eine der Frage war: „Was wünscht Du Dir an Deiner neuen Schule?“ – die Antworten, die dort standen: „Ich möchte Freunde finden.“, „Ich möchte kein Versager mehr sein.“, „Ich möchte nicht mehr gemobbt werden.“, „Ich möchte keine Angst mehr haben.“.  Die neue Lehrerin hat ihre Klasse zwei Jahre lang aufgerichtet und ich habe mich bei ihr bedankt – dafür, dass sie mir mein Kind zurückgegeben hat. Mein Sohn konnte wieder lachen, konnte sich wieder annehmen – Freundschaften haben sich gebildet, die bis heute halten – auch nach der Schulzeit noch. Großartige Lehrer!!

Ich habe zwei Kinder – eine Denkerin und einen Praktiker – beide gleich-wertig, beide gleich-würdig. Ich wünsche mir ein Schulsystem, dass die Kinder und Jugendlichen in ihrer Vielfalt und ihren unterschiedlichen Fähigkeiten wertschätzt und ihnen den Raum gibt, den sie wirklich brauchen!

Mutter

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Allgemein

Ich kann nicht mehr

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mich mehr so wirklich unterhalten. Ich habe zwar einige Freunde, aber oft fühlt sich die Zeit, die ich mit ihnen verbringe -welche sich oft auf Pausen begrenzt- sinnlos an. Es fühlt sich so unnötig an. Es gibt so viel, was ich zu besprechen habe. So viel, was ich berichten kann, was mich beschäftigt, worüber ich diskutieren möchte, was ich loswerden möchte, was mich belastet.

Ich hätte gern einen Mehrwert aus der Zeit, die ich mit eigentlich so tollen Menschen verbringe. Aber wahrscheinlich lässt Schule das nicht zu. Wahrscheinlich nimmt Schule einen so großen Teil unserer Zeit und unseres Kopfes ein, dass für nicht viel mehr Zeit übrig ist.

Schule (das System/die Menschen hinter dem System?), ich hätte gern meine Gespräche zurück. Ich hätte gern mein Leben zurück. Meine Zeit und die glücklichen Momente, die ich mit tollen Menschen haben könnte. So viel für nichts. Stattdessen ist mein Leben Schulqual, Vorbereitung bzw. Nachbereitung (aka Lernen) der Schulqual und Schulqual verdrängen mit Scheiß, den ich mir auf YouTube und Co antue. Für viel mehr ist nichts übrig -weder Zeit noch Kraft. Wofür?

Ich hätte gern Bildung statt Beschulung, Bereicherung statt Belehrung. Ich möchte gern beigebracht bekommen, dass das Leben schön, faszinierend und wertvoll ist, nicht wie sich Stress und Depressionen anfühlen, was Mobbing ist, dass manche Menschen mehr wert seien als andere und wie kaputt mich Kapitalismus macht und machen wird.

Wie konnte so etwas Tolles wie Wissensbereicherung zu so etwas Furchtbarem wie Schulsystem mutieren? Das, was Chancen aufzeigen, aufbauen, Gerechtigkeit schaffen, Leben formen, Persönlichkeiten schaffen, Mut machen, Probleme lösen könnte, zerstört Leben und kriminalisiert Fehler. Alles daran ist falsch, unter dem Alibi der Aufklärung.

In der Schule wird nicht gelernt. Wenn ich meinem Vater erzähle, ich habe etwas in der
Schule gelernt, schaut er mich verblüfft an und ist erstaunt. Warum gehen wir nicht in die Schule, weil wir fasziniert von Wissen sind, sondern weil wir müssen?

Und das Schlimmste ist, dass es normal ist. Zu leiden wird normalisiert. Niemand kritisiert es.
Und wer es tut, der nervt. Er soll sich doch einfach fügen. Machen ja schließlich alle so.
Was wir nicht verstehen ist, dass wir in der Mehrheit sind. Wir haben die Macht zu ändern,
was uns nicht recht ist. Wir sind nur schon zu müde, ausgelaugt und kaputt, schon zu tief
drin, um das zu realisieren. Ich kann nicht mehr

Schüler

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Briefe Schüler:innen

Ständige Angst

Angst … Dieses Gefühl begleitet mich ständig.

Egal ob ich einen Vortrag halten soll, mal wieder der letzte Looser im Sportunterricht bin oder einfach nur einen blöden Spruch von einem Lehrer zu hören bekomme. Am schlimmsten aber ist das Gefühl, die Erwartungen nicht erfüllen zu können, sprichwörtlich ein Fehler im System zu sein.

Für meine Lehrer bin ich nur eine Schülerin unter vielen.
Respektable Noten, nicht auffällig, nur dieses Mädchen hinten in der Ecke.
Doch für mich kann ein einziger Spruch eines Lehrers, der vielleicht nicht mal meinen
Namen kennt, mehrere Wochen Angst, Frustration und Selbsthass auslösen.
Mir ist eine blöde Note wichtiger als meine Gesundheit und meine Freude.
Ich bin abhängig. Ich will gut sein. Ich will Erwartungen erfüllen.
Doch dann, wenn ich eine gute Note mit viel Mühe und Stress erreicht habe, freue ich mich nicht, denn es geht immer noch besser und immer noch mehr.
Mir erzählt kein Lehrer, dass ich gut so bin wie ich bin und dass Noten mich nicht definieren.
Ich fühle mich als Mensch nicht wahrgenommen. In der Schule sind es nur die Noten, die zählen.

Die meisten Lehrer, die ich schon seit Jahren habe, haben sich noch nie persönlich mit mir unterhalten und wissen nicht im geringsten, was für ein Mensch ich bin. Trotzdem wissen sie ja anscheinend, dass ich faul bin, weil ich die Hausaufgaben vergessen habe, obwohl ich das ganze Wochenende für ein Klassenarbeit gelernt habe und mehrere Nervenzusammenbrüche in Kauf genommen habe.

Mittlerweile bin ich auch schon in Therapie wegen meinen Ängsten. Die KOL-Vorträge (Facharbeit) sind für mich der Horror. Schon zwei Wochen vor diesen Vorträgen habe ich Panik und die Woche vor dem ersten KOL-Seminar war eine der schlimmsten des ganzen Jahres. Schlafmangel, keine Konzentration und überreizte Emotionen. Ich bin nicht gut darin, langfristig an etwas zu arbeiten und wenn ich meinen Lehrern sage, dass ich Angst vor Vorträgen habe, kommen immer nur diese Sätze wie „Du musst es eh mal später können“ oder „Das schaffst du schon“.
Ich wünsche mir einfach, dass mehr Wert auf jeden einzelnen Schüler gelegt wird und dass das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern respektvoller wird.
Außerdem möchte ich, dass man als Schüler oder Schülerin gehört wird und endlich ernst genommen wird, denn unser Schulsystem dient zurzeit nur dazu, uns zu kleinen gehorsamen Arbeitern zu machen, die ihr Leben lang nur im Büro hocken und bis zum Burnout arbeiten.

Schülerin Gymnasium, 10. Klasse

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Newsletter

Newsletter // 10/24

Ihr Lieben,

seit unserem letzten Newsletter vor der Sommerpause ist viel passiert. Und es stehen wieder eine Menge spannende Themen auf unserer To-do-Liste für die nächsten Wochen.

Neu: Das Buch aus dem RealLabor

Margret Rasfeld und Ute Puder haben sich zusammengesetzt und gemeinsam ein Buch geschrieben:
„Das Schul-Drama und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken“
es wird ab November 2024 in den Buchhandlungen erhältlich sein. Und natürlich auch direkt im RealLabor. Im Vorwort schreibt unser Freund und Unterstützer Dr. Gerald Hüther:

»Ich weiß nicht, wie viele Eltern, aber auch verzweifelte und ausgelaugte Lehrkräfte angesichts der gegenwärtigen Situation in so vielen Schulen noch ruhig schlafen können. Dazu gibt es keine Umfragen, wahrscheinlich deshalb, weil dann allzu offensichtlich und unabweisbar würde, wie groß das Drama ist, das ihre Kinder dort erleben.

Als Drama bezeichnen wir eine Theateraufführung immer dann, wenn das Ergebnis einer Handlung noch Auswege zulässt, wenn also noch Hoffnung besteht. Margret Rasfeld und Ute Puder machen Hoffnung: Es ist möglich, doch noch die Kurve zu kriegen. Für unsere heranwachsenden Kinder und Jugendlichen wäre das ein Segen. Denn so, wie es nun schon seit Jahren ist, kann es nicht weitergehen. In diesem Buch wird nicht über die Schule gemeckert, sondern ihr Neubau vom Fundament aus beschrieben.«

Was zuletzt geschah

Mythos Neutralitätsgebot:
„Nicht neutral! Lehrer:in sein in reaktionären Zeiten“

Es hat sich viel verändert in den letzten Jahren. Was in diesem Land mit seiner nationalsozialistischen Geschichte viele nicht mehr für denkbar gehalten hatten, rückt heute wieder zunehmend in die Mitte der Gesellschaft: Rechtsextremismus und damit verbunden Erfahrungen von Ausgrenzung, Rassismus, Homophobie, Misogynie werden schrittweise „gesellschaftsfähig“ und auch an Schulen „normal“. Das war das Thema einer Veranstaltung, die Teachers for Future gemeinsam mit anderen Akteuren im RealLabor angeboten haben. In einem Workshop mit anschließendem Podiumsgespräch für Lehrkräfte und andere Interessierte haben wir diskutiert, wie Lehrkräfte und Schulleitungen angemessen mit menschenfeindlichen, diskriminierenden und Angst machenden Äußerungen und Handlungen im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof, aber auch im Lehrer:innenzimmer und im Kontakt mit Eltern umgehen können. Welche Unterstützungsangebote gibt es? Und: Wie können wir Schule zu einem Ort gelebter Demokratie machen, einem Ort, an dem junge Menschen die Erfahrung machen, wie Demokratie funktioniert und welchen Wert sie darstellt? „Demokratie muss man nicht nur wollen, man muss sie auch können”, betonte die Psychologin, Publizistin und „aula“-Gründerin Marina Weisband in ihrer Videobotschaft an die Teilnehmenden.
Ein zehnminütiger Film fasst unsere Diskussionsergebnisse prägnant zusammen: „Nicht neutral! Lehrer:in sein in reaktionären Zeiten“. Er knüpft inhaltlich an den Kurzfilm „Diensteid verpflichtet“ an. Schau ihn dir hier gern an:

Utopie-Konferenz

Margret und Ute haben das RealLabor bei der diesjährigen UTOPIE-Konferenz in Lüneburg vorgestellt. Eins der Themen dort war das Vertrauen und die Frage: „Wie utopisch ist Vertrauen?“ Die Philosophin Eva von Redecker und der Publizist Michel Friedman diskutierten es mit den Gastgeberinnen Maja Göpel und Jagoda Marinić. Und dieses Thema zog sich wie ein roter Faden durch die dreitägige Veranstaltung, zu der Menschen aus der ganzen Republik zusammengekommen waren.

Wir brauchen eine zweite Aufklärung“ lautete das Motto. Die Teilnehmenden konnten zwischen „Werkstätten“ und „Denkräumen“ wählen. Dabei lotete jede Werkstätte eine von sechs realutopischen Ideen so konkret und umfassend wie möglich aus – zum Beispiel Alternativen zur Erbengesellschaft, Schulen, in denen Zutrauen die Grunderfahrung ist, oder digitale Gemeingüter. In den Denkräumen wurde diskutiert, vor welche größeren Fragen uns der Wunsch nach einem Vertrauen ins Morgen stellt.

Vertrauen ist gut, Zutrauen ist besser“ war der Titel der Bildungswerkstatt, an der Margret und Ute teilnahmen. Filmemacher Reinhardt Krahl leitete sie. „Ich habe viele Schulen gesehen und filmisch dokumentiert, auch in Kanada oder in Skandinavien und natürlich in Deutschland“, sagte er mit Blick auf seinen Film „Treibhäuser der Zukunft“. „Doch noch nie habe ich so freundliche Schüler und so entspannte Lehrer gesehen wie an der Alemannenschule Wutöschingen.“ Woran liegt das? Am Vertrauen zu den Kindern und Jugendlichen und dessen Steigerung, dem aktiven Zutrauen? Am selbstorganisierten Lernen mit iPads, über die alle Schüler, sie heißen dort Lernpartner, verfügen? Die Alemannenschule in Wutöschingen (Südschwarzwald) ist, wen wundert’s, derzeit das Mekka für Pädagogen, die ihre Schulen verändern wollen. Schulleiter Stefan Ruppaner, der die Geschichte des Wandels an seiner Schule und die Grammatik dieser Pädagogik weiterträgt, war auch in Lüneburg, und wir haben uns mit ihm ausgetauscht. Die Schule wurde 2019 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet, du findest sie im Internet unter asw-wutoeschingen.de. Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Bundeskongress für Schulpsychologie in Hamburg

Um die psychische Gesundheit an Schulen ging es bei diesem Kongress. Margrets Vortrag „Eingestuhlt, fremdbestimmt, dauerbewertet, abgeschnitten von Herz und Körper“ erntete dort stehende Ovationen.

Das Kongressmotto lautete „Psychisch gesund in die Zukunft“. Damit stellte der Kongress die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen, aber auch die Arbeitssituation von Pädagoginnen und Pädagogen in den Schulen in den Mittelpunkt. Psychische Gesundheit und Bildung als die wichtigsten Ressourcen unserer Wissens¬gesellschaft sind gerade in Zeiten von Krisen und gesellschaftlichen Veränderungen von existenzieller Bedeutung. Einigkeit herrschte darüber, dass Schule sich verändern muss. Es gibt eine Reihe pädagogischer Projekte in der Schullandschaft, die zeigen, wie das gehen könnte. Dazu gehört auch das Projekt „Schule im Aufbruch“ von Margret Rasfeld. Und der nächste Kongress der Schulpsychologen wird „Schulpsychologie im Aufbruch“ heißen.

Termine

21.10.2024, 17:00 – 18:00 Uhr
Vorstellung Workshopreihe „Evolution durch Kreativität“
Denn Herz und Hirn wollen die Welt be-greifen!

mit Margret Rasfeld und Edda Jaleel

Dr. Edda Jaleel beschäftigt sich als Hirnforscherin und Präventionswissenschaftlerin damit, wie Gesundheit und mentale Stärke mit Entspannung, Achtsamkeit und praktischen handwerklichen Tätigkeiten verbunden sind. Entsprechende kreative Techniken fördern unsere Sinnlichkeit, verstärken Wohlbefinden und Lebensfreude und sind damit ein aktiver Beitrag zur ganzheitlichen Gesundheit und Selbstregulationsfähigkeit. So machen Lernen und Entwicklung Spaß!

Darum geht es in einer Workshopreihe, die für Grundschulkinder konzipiert ist und die Margret Rasfeld und Edda Jaleel Schulleiter:innen, Lehrer:innen und Eltern an diesem Abend der Kreativität im RealLabor vorstellen.

Freitag, 25.10.2024, 18:00 Uhr
„Scham und Beschämung in der Schule“

mit Ruth Susanne Schubert

Scham zu entkommen und unser eigenes Selbstwertgefühl zu schützen. Dazu greifen wir häufig auf Routinen zurück, die jedoch für uns und unser Umfeld destruktiv wirken: Wir gehen in die Offensive, beschämen unsererseits die anderen – Kolleg:innenen, Schüler:innen, Eltern – denn einer muss ja schuld sein, oder? Oder wir ziehen uns aus Beziehungen zurück und vertiefen damit noch das Gefühl des Nicht-dazu-gehörens.

Doch was können wir stattdessen tun? An diesem Abend im Reallabor schauen wir uns an, wie der Weg zurück zu uns selbst, zum Gegenüber und zur Gruppe gelingen kann. Welche Denkmuster und Haltungen, welches Umfeld ist förderlich, um uns psychologisch sicher zu fühlen, um das Miteinander nicht mehr als Kampf zu erleben, um gemeinsam zu lernen und um unser Umfeld voller Lebensmut und Zuversicht zu gestalten?

Ruth Susanne Schubert begleitet Teams und Führungskräfte. Ihr stärkster Antrieb ist die Suche danach, wie Menschen gut miteinander leben und arbeiten können. Deshalb arbeitet sie an einer Transformation des Miteinanders, indem sie dazu herausfordert, die Verantwortung für Entscheidungen, Handeln und Emotionen zu übernehmen, sich selbst als Lernender zu begreifen, ohne Angst vor Fehlern, Beschämung oder Ausgrenzung.

26.10.2024, 12:30 Uhr, Paulinum der Universität Leipzig
Freiheit statt Ohnmacht
Vortrag von Margret Rasfeld, Workshop und Ausstellung

Wir erkunden gemeinsam, wie wir von der Angst ins Vertrauen kommen, von Entfremdung zu Beziehung, von Resignation zu Begeisterung. Mit den Haltungswandelkarten des RealLabor öffnen wir Möglichkeitsräume, um aus Ohnmacht in die Freiheit zu kommen.

Vom 24. bis 26. Oktober findet in im Paulinum und an verschiedenen anderen Orten in der Stadt das Leipziger Wissenschaftsfestival Globe24 statt – und diesmal lautet das Thema: „Prekäre Freiheit“. Dabei sind Akteure und Gäste aus Forschung, Kunst, Zivilgesellschaft und Politik. Auch das RealLabor ist dabei: mit einem Vortrag von Margret Rasfeld „Verlernte Freiheit? (K)eine Kindheit im System“ sowie mit dem Workshop „Freiheit statt Ohnmacht“ und der Ausstellung „Ich möchte, dass mich jemand anschaut, richtig anschaut!“

Freitag, 08.11.2024, 18:00 Uhr
Das Schul-Drama
und wie wir unsere Kinder für die Zukunft stärken

Wir stellen das Buch von Margret Rasfeld und Ute Puder vor.

Samstag, 09.11.2024, ab 15:00 Uhr
„Erinnerung bestimmt unser Handeln“,
Aktion, Kunst und Feiern

15:00 / Gedenkgang zur Erinnerung an die Pogrome von 1938
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten überall in Deutschland die Synagogen. Auch in Leipzig. Tausende Jüdinnen und Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Spätestens jetzt konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus zu Mord und Totschlag führten. Diese Nacht war das Signal zum größten Völkermord der Geschichte. Paul Celan schrieb dazu das Gedicht „Todesfuge“. Es ist auf einer 1,6 Meter hohen Lichtinstallation der Künstlerin Nina K. Jurk zu lesen, die an Tora-Rollen erinnern und an das jüdische Leben in Leipzig erinnern soll. Diese Lichtinstallation steht an der Ecke Brühl/Goethestraße, wo einst die Tiktiner-Synagoge stand. Dorthin gehen wir gemeinsam und legen dort Blumen nieder. Denn nie wieder ist jetzt!

„statt-Lichtfest 2024 – Hör mal woanders hin“
Auch die Friedliche Revolution von 1989 ist eng mit einem 9. November verknüpft. Gemeinsam mit dem Kollektiv Utopische Tafel erinnern wir daran – und speziell an den statt-Kirchentag 1989.

17:00 Uhr: Präsentation „Haus aus Staaten“ von Dina Boswank
Dina Boswank kombiniert in ihrer Arbeit Audioausschnitte aus den Archivmaterialien des statt-Kirchentag 1989 mit visuellen Elementen, die wir alle interaktiv gestalten können. Das Projekt bietet einen spielerischen Zugang zu Erinnerungen und Stadtgeschichte.
18:00 Uhr: Gesprächsrunde „Europäische Hausversammlung“
19:00 Uhr: Utopische Tafel mit gemeinschaftlichem Essen
20:00 Uhr: Präsentation von Mayjia Gille „Born in Niemandsland“. Diese szenisch-musikalische Performance basiert auf ihrem Roman „Landgang“ und thematisiert Heimatverlust und Freiheit.
Ab 22:00 Uhr: Party im RealLabor

Freitag, 22.11.2024, 10:00 – 12:00 Uhr
YEP: Der Jugend zuhören!
Wir suchen dafür noch Schul- und Ausbildungsklassen oder -gruppen, die mitmachen.

YEP ist ein Sozialunternehmen aus Österreich, das seit 2018 in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen inklusive (Jugend-)Beteiligungsprozesse gestaltet. YEP veröffentlicht dazu regelmäßig Jugendberichte, in denen sie die Ergebnisse ihrer Partizipationsprozesse zu bestimmten Themenschwerpunkten veröffentlichen. Mehr Infos zu YEP, ihrem Partizipationskonzept und dem Jugendbericht zu mentaler Gesundheit findest du in diesem PDF. Der YEP-Jugendbericht soll diesmal Einblicke in die mentale Gesundheit von Jugendlichen in Österreich und Deutschland geben. Um in Deutschland genügend qualitative Daten zu erheben, führt YEP in enger Zusammenarbeit mit Umsetzungspartner*innen wie dem RealLabor Workshops durch.
Und wir sind absolut begeistert, weil YEP die richtigen Themen anspricht:
Gesundheit heißt: Der Jugend zuhören!

Meldet euch bitte an, wenn ihr teilnehmen möchtet.

Regelmäßige Termine im RealLabor findest du hier.

Dank an Unterstützer:innen

Wir bauen gerade ein UnterstützerNetzwerk auf. Das RealLabor soll ein unabhängiger Ort bleiben, der den Haltungswandel in Schule und Gesellschaft vorantreibt: Fehler-Kultur statt Fehler-Angst, Beziehung statt Entfremdung, Gestaltungs-Freude statt Verwaltungs-Stress, Zusammenarbeit statt Konkurrenz. Einer unserer ersten Unterstützer war Dr. Bernhard Momper aus Wiesbaden. Wir sind sehr dankbar! Schau einfach mal in sein Statement.

Und was wünschst du dir von uns?
Impulse für unsere Aktivitäten kommen immer wieder von Menschen, die uns besuchen, die von uns hören, lesen oder die sich hier begegnen und Neues ausprobieren. Wenn dich bestimmte Themen umtreiben, bitte schreib uns oder komm vorbei. Wir alle fühlen im RealLabor die starke verbindende Kraft des WIR FÜR VERÄNDERUNG und freuen uns auf dich.

Du willst dazu beitragen, dass das RealLabor seine Arbeit auch in Zukunft unabhängig weiterführen kann? Dann freuen wir uns über eine einmalige oder regelmäßige Spende. Spendenquittungen erhältst du direkt von unserer Spendenplattform.

Liebe Grüße
Margret, Ute, Manu und das ganze RealLabor-Team