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Briefe Schüler:innen

Ständige Angst

Angst … Dieses Gefühl begleitet mich ständig.

Egal ob ich einen Vortrag halten soll, mal wieder der letzte Looser im Sportunterricht bin oder einfach nur einen blöden Spruch von einem Lehrer zu hören bekomme. Am schlimmsten aber ist das Gefühl, die Erwartungen nicht erfüllen zu können, sprichwörtlich ein Fehler im System zu sein.

Für meine Lehrer bin ich nur eine Schülerin unter vielen.
Respektable Noten, nicht auffällig, nur dieses Mädchen hinten in der Ecke.
Doch für mich kann ein einziger Spruch eines Lehrers, der vielleicht nicht mal meinen
Namen kennt, mehrere Wochen Angst, Frustration und Selbsthass auslösen.
Mir ist eine blöde Note wichtiger als meine Gesundheit und meine Freude.
Ich bin abhängig. Ich will gut sein. Ich will Erwartungen erfüllen.
Doch dann, wenn ich eine gute Note mit viel Mühe und Stress erreicht habe, freue ich mich nicht, denn es geht immer noch besser und immer noch mehr.
Mir erzählt kein Lehrer, dass ich gut so bin wie ich bin und dass Noten mich nicht definieren.
Ich fühle mich als Mensch nicht wahrgenommen. In der Schule sind es nur die Noten, die zählen.

Die meisten Lehrer, die ich schon seit Jahren habe, haben sich noch nie persönlich mit mir unterhalten und wissen nicht im geringsten, was für ein Mensch ich bin. Trotzdem wissen sie ja anscheinend, dass ich faul bin, weil ich die Hausaufgaben vergessen habe, obwohl ich das ganze Wochenende für ein Klassenarbeit gelernt habe und mehrere Nervenzusammenbrüche in Kauf genommen habe.

Mittlerweile bin ich auch schon in Therapie wegen meinen Ängsten. Die KOL-Vorträge (Facharbeit) sind für mich der Horror. Schon zwei Wochen vor diesen Vorträgen habe ich Panik und die Woche vor dem ersten KOL-Seminar war eine der schlimmsten des ganzen Jahres. Schlafmangel, keine Konzentration und überreizte Emotionen. Ich bin nicht gut darin, langfristig an etwas zu arbeiten und wenn ich meinen Lehrern sage, dass ich Angst vor Vorträgen habe, kommen immer nur diese Sätze wie „Du musst es eh mal später können“ oder „Das schaffst du schon“.
Ich wünsche mir einfach, dass mehr Wert auf jeden einzelnen Schüler gelegt wird und dass das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern respektvoller wird.
Außerdem möchte ich, dass man als Schüler oder Schülerin gehört wird und endlich ernst genommen wird, denn unser Schulsystem dient zurzeit nur dazu, uns zu kleinen gehorsamen Arbeitern zu machen, die ihr Leben lang nur im Büro hocken und bis zum Burnout arbeiten.

Schülerin Gymnasium, 10. Klasse

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