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Newsletter // 07/24

Ihr Lieben,

„Nach der Wahl ist vor der Wahl“ – mit diesem Gedanken möchten wir euch nach einem Monat Pause das Neueste aus dem RealLabor mitteilen.
Die vergangenen Monate waren geprägt von Aktivismus, Vernetzung und dem Mut zur Veränderung. Unser gemeinsames Ziel bleibt klarer denn je: für unsere Werte einstehen, für eine gerechte, inklusive, demokratische und Friedliche Bildungsrevolution.
Lasst uns weiterhin gemeinsam aktiv werden und unsere eigene Zukunft positiv mitgestalten.

Was zuletzt geschah

Vortrag Margret Rasfeld

Am 24. Mai hielt die Bildungsreformerin Margret Rasfeld einen Vortrag im RealLabor Leipzig zum Thema Bildungs-Transformation:
Die großen Krisen unserer Zeit, also die Klimakrise, die soziale Krise und die allgemeine Sinnkrise, lassen sich auf eine gemeinsame Ursache zurückführen: die Entfremdung von uns und unserer Mitwelt. Alle drei haben auch Einfluss auf die Schule.
Fehler-Angst, Fremdbestimmung, Dauer-Bewertung, abgeschnitten zu sein vom Leben – all das ist Schule für viele Kinder und Jugendliche.
Margrets Vortrag erklärt die Schulgesetze, den Bildungs- und Erziehungsauftrag, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Denn mit den heutigen Schulgesetzen ist schon einiges möglich, um den Kultur- und Haltungswandel an unsere Schulen zu bringen.
Margret Rasfeld teilte ihre Erfahrungen mit selbstorganisiertem Lernen, Klassenräten, Schulversammlungen und dem FreiDay, dem Lernformat, das sie selbst vor einigen Jahren entwickelt hat und bei dem Schüler:innen selbstständig an selbst definierten Projekten zu den SDGs arbeiten. Alles ganz nach dem Motto: Wissen, Handeln und Vernetzen. Margret erklärte, wie man den FreiDay in den Schulalltag einbauen kann und welche Vorteile er für Schüler:innen – und auch Lehrkräfte – hat, die dieses Lernformat nutzen.
Vor allem aber machte sie Hoffnung: Der Raum strahlte und die Zuhörenden fühlten, dass wir gemeinsam aus den aktuellen Krisen herauskommen können. Wir sind die Changemaker!
Margret endete mit dem Aufruf: „Die Kinder sind schon da. Sie brauchen jetzt uns – damit wir ihnen die Freiräume geben.“ Und sofort hatte jede:r Lust, selbst ins Handeln zu kommen.

Demokratie-Fest

Am 01. Juni fand das DEMOKRATIE-Fest des RealLabors anlässlich der Kommunal- und Europawahlen statt. Wir beschäftigen uns schon länger mit Demokratie bzw. demokratischen Strukturen an Schulen und wollten dazu mit Passant:innen ins Gespräch kommen, zum Beispiel zu der Frage: „Was hat Schule mit Demokratie zu tun?“ Otto Herz hielt dazu einen kleinen Vortrag und teilte eigene Erfahrungen mit uns. Leider hat das Wetter nicht ganz mitgespielt und wir haben letzten Endes im Inneren des RealLabors eine kleine, aber dennoch spannende Gesprächsrunde gemacht.

Bildungsprotesttag

Wie schon 2023 waren wir auch in diesem Jahr aktive Teilnehmer:innen des Bildungsprotesttags in Leipzig. An unserem Stand auf dem Marktplatz haben wir einige der Schüler:innen-Briefe gezeigt. Sie wurden zum Anlass für zahlreiche anregende Gespräche mit den Passant:innen, die sich Zeit nahmen, die Briefe aufmerksam zu lesen, zu fotografieren und anschließend ihre eigenen Ansichten und Erfahrungen zu Schule und den aktuellen Herausforderungen im Bildungswesen mit uns zu teilen.
Zum Ende der Veranstaltung hat Arne aus dem RealLabor auf der Bühne noch eine kurze Rede gehalten und dabei den FreiDay als innovatives Konzept vorgestellt, das als erster Schritt zu einer neuen Schule beitragen kann. Seine Worte fanden großen Anklang beim Publikum und regten zu weiteren Gesprächen an.

„Bildung, KI und Bewusstsein“

Fachsymposium im LebensGut Pommritz
Ende Juni fand auf dem LebensGut Pommritz im Landkreis Bautzen ein dreitägiges Fachsymposium mit dem Titel „Bildung, KI und Bewusstsein“ statt. Dieses Symposium diente der Vernetzung von Menschen, Ideen und Initiativen, zu menschlichen Bewusstseinspotenzialen. Dabei spielte die Erforschung und die Bildung dieser Potenziale eine große Rolle.
Wir als RealLabor waren eingeladen, an diesem Symposium mitten in der Natur teilzunehmen.
Die drei Tage waren mit Vorträgen, Lesungen und Workshops gestaltet und über allem stand der OpenSpace. Das ist eine Methode, bei der zeitgleich mehrere Angebote stattfinden und alle Teilnehmenden dazu eingeladen sind, zwischen ihnen hin und her zu wechseln.
Wir haben neue anregende Sichtweisen auf Nutzungsmöglichkeiten von KI im Unterricht kennengelernt.

Termine

14.08.2024, 16:00 Uhr
„Mythos Neutralitätsgebot – Orientierung für die politische Bildung“

Ihr fühlt euch der Demokratie verpflichtet, seid aber verunsichert, wie ihr euch in der Schule verhalten sollt? Ihr seid unsicher, welche Aussagen den Boden unserer Verfassung verlassen? Ihr fragt euch, wie ihr mit beispielsweise rechtsextremen Aussagen in der Schule umgehen sollt?
Gemeinsam mit Teachers for Future laden wir Lehrkräfte und Interessierte, die sich für Demokratie stark machen wollen, zu einem Workshop mit Expert:innen aus der Zivilgesellschaft ein. Wir wollen uns vernetzen und uns gegenseitig fit machen, die Demokratie zu verteidigen.

Regelmäßige Termine im RealLabor findest du hier.

Du willst dazu beitragen, dass das RealLabor seine Arbeit auch in Zukunft unabhängig weiterführen kann? Dann freuen wir uns über eine einmalige oder regelmäßige Spende. Spendenquittungen erhältst du direkt von unserer Spendenplattform.

Liebe Grüße
Margret, Josi, Ute, Marlies, Manu und das ganze RealLabor-Team

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Newsletter

Newsletter // 05/24

Ihr Lieben,

so geht es nun im RealLabor weiter: Besonderes Thema ist im Mai/Juni die Demokratie. Um unsere Demokratie zu erhalten und überhaupt zu wissen, was Demokratie im Kern ist, müssen Kinder und Jugendliche an allen Schulen MITGESTALTEN können.

Was zuletzt geschah

Bildungslandschaften bauen

Mit sehr unterschiedlichen Menschen aus Bildung, Kultur, Handwerk, Universität und Politik entwickelten wir in den letzten Wochen und Monaten Ideen, wie Schüler:innen zukünftig innerhalb der offiziellen Schulzeit, aber außerhalb ihrer Schulgebäude ihre schulische Bildung erweitern können.

Zusammen mit Javier Gomez gehen wir hier methodisch neue Wege, um zu besseren Lösungen zu kommen. Statt wie im klassischen Projektmanagement einer Führungskraft die Gesamtverantwortung zu übertragen, die Aufgaben verteilt, arbeiten wir prozessoffen im nicht-linearen ManagementStil. Anstatt die Komplexität des Vorgefundenen in einzelne Aufgaben zu zerlegen, wird es jeweils als Ganzes betrachtet.

So begeben wir uns alle in ein neues Methoden-Setting, was uns manchmal auch verunsichert, weil es ungewohnt ist, aber wie sagte eine Teilnehmerin? „Ich bin total verwirrt nach dem heutigen Treffen, aber ich merke, dass das richtig ist.“ Wir gehen aber auch auf die Mikroebene, in der wir verstehen lernen, was, wann und wie Kinder und Erwachsene im Schulalltag genau fühlen. Das schärft unsere Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung und erleichtert die Lösungsfindung.

Soziokratische, nachbarschaftsorientierte Kinder- und Jugendparlamente

Soziokratie ist eine Organisationsform, mit der Organisationen verschiedener Größe – von der Familie über Unternehmen und NGOs bis zum Staat – konsequent Selbstorganisation umsetzen können.  Vom 24. bis 26. April lief dazu ein Projekt in der Quartiersschule Ihmelsstraße und im RealLabor. Ausgangspunkt war der Film „Power to the Children“ von Anna Kersting, der am ersten Tag alle Anwesenden geflasht hat. Dass sich in Indien 12 Millionen Kinder in 400 Kinderparlamenten aktiv in ihren Dörfern um eine bessere Welt kümmern ist eine völlig neue Perspektive auf die innovative Kraft von Kindern, die soziokratisch ausgebildet und begleitet werden.

Am zweiten Tag gab es dazu ein Einführungsseminar für Jugendliche und nachmittags für Erwachsene. Im RealLabor wurde dann am Freitag gemeinsam reflektiert, wie es in diesem Sinne in Leipzig weitergehen kann. Wusstet ihr, dass in Leipzig ein soziokratisches Zentrum aufgebaut wird? Um noch mehr Menschen für das Thema Sozioktratie zu begeistern, werden wir demnächst im RealLabor den Film erneut zeigen und diskutieren. Wir arbeiten gerade daran, den Frei Day mit soziokratisch nachbarschaftsorientierten Kinderparlamenten zusammenzubringen. Schreibt uns, wenn ihr mehr dazu wissen möchtet.

Workshop „Lasst uns Brücken bauen“

In einem teaminternen Workshop „Lasst uns Brücken bauen“ haben wir uns mit Schule, wie sie ist und wie sie sein könnte, beschäftigt. Dabei sind wir zuerst in uns gegangen und haben auf Post-Its gesammelt, wie wir persönlich Schule wahrnehmen. Schnell wurde klar, dass die negativen Erfahrungen überwiegen, wie zum Beispiel Angst, Konkurrenz und die Einheitlichkeit. Danach haben wir die Hürden identifiziert und eine Vision für uns festgehalten.
Die Hürden haben wir uns metaphorisch als Fluss vorgestellt und unsere Vision ist das andere Ufer, an das wir gelangen wollen. Der nächste Schritt ist das Bauen der Brücke und wir sind gespannt, wie der Workshop demnächst weitergeht.

Termine

24.05.2024, 17:00 Uhr,
Vortrag und Austausch mit Margret Rasfeld

Eingestuhlt, dauerbewertet, abgeschnitten von Herz und Körper
Was läuft grundlegend falsch in unseren Schulen und wie können wir es ändern?
Margret Rasfeld  inspiriert und ermutigt als Ex-Schulleiterin, Autorin, Speakerin und Vernetzerin dazu, Schule neu zu denken. Um Breitenwirkung zu erzielen gründete sie 2012, zusammen mit Gerald Hüther, die bundesweite Initiative „Schule im Aufbruch“, die den Wandel der Lernkultur deutschlandweit vorantreibt. In ihrem Buch FREI DAY kann man nachlesen, wie dieser längst überfällige Wandel konkret möglich ist. Ein entscheidender Hebel in Familie, Gesellschaft und im Bildungssystem ist das unbedingte Interesse an der Potenzialentfaltung eines jeden Kindes.

01.06.2024, ab 14:00 Uhr
DIALOG/1 + DemokratieFest

Demokratie, das heißt selber denken, Zusammenhänge verstehen, Freude am Handeln und Mitwirken entwickeln. Schüler:innen müssen diese Kompetenzen vom ersten Schultag an entwickeln dürfen, anstatt eingestuhlt und dauerbewertet die Freude am Lernen zu verlieren.
Mit unserem DIALOG-PULT sind wir in der Stadt unterwegs, um dazu mit Mitmenschen ins Gespräch zu kommen. Und wir laden ein zum DEMOKRATIE-FEST vor dem RealLabor. Wir feiern die Demokratie! Am 9. Juni 2024 sind in mehreren Bundesländern Kommunal- und Europawahlen — auch in Sachsen. „Mach dein Kreuz“ ist eine Initiative von Leipziger Künstler:innen, um ganz allgemein die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Diese Initiative hat uns inspiriert.

Danke allen Künstler:innen, dass wir die Plakate nutzen dürfen.
Auch ihr könnt diese Plakate nutzen, um auf die Wahl in eurem Umkreis aufmerksam zu machen.
machdeinkreuz.de

Regelmäßige Termine im RealLabor findest du hier.

Dank an Unterstützer:innen

Ein großer Dank geht in diesem Newsletter an Dr. Arndt Pechstein (Hirnforscher und Autor des Future Skills Navigator). Auch er unterstützt das RealLabor mit einem Jahresbeitrag, damit wir unabhängig weiterarbeiten können.

Liebe Grüße
Margret, Josi, Manu, Marlies, Ute und das ganze wachsende Team RealLabor

Du willst dazu beitragen, dass das RealLabor seine Arbeit auch in Zukunft unabhängig weiterführen kann?
Dann freuen wir uns über eine einmalige oder regelmäßige Spende.

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Schüler:innen

Leistung ohne SINN

Ich musste wohl erstmal mit dem Kopf gegen die Wand rennen.
Leistung ohne SINN – so habe ich meine Schullaufbahn erlebt. Mein Selbstwert als Spiegel meiner Noten, ohne die Frage:
„Wofür mache ich das? Warum reiße ich mir jeden Tag den Ar*ch auf?“und dabei ständiges Lob für meine herausragenden Leistungen, die mich schlussendlich zu einem Abitur mit Abschluss 1,0 trugen. Ob es das wert war, frage ich mich häufig. Ich habe meiner schulischen Leistung wohl so ziemlich Alles untergeordnet und hatte regelrecht eine „Sucht nach guten Noten“, denn als guter Schüler wurde ich gesehen und geliebt.
Leider war das nicht besonders nah an meinem eigentlichen Wesen und vermutlich bin ich gar nicht der perfekte Schüler, der ich versuchte zu sein und auch dies war wohl ein weiterer kleiner Hilfeschrei meiner Seele, um nicht hinsehen zu müssen, dass ich innerlich schon längst zerrissen war und auch mein Perfektionismus war nicht mehr, als ein Werkzeug, um mich am „Über“leben zu halten.
Schade, dass es dazu kommen musste und dennoch bin ich dankbar dafür und sehe in der Initiative „RealLabor – Leipzig“ die große Chance, dass das, was ich oben geschildert habe, nicht zwingend passieren muss. Wir haben alle Talente, Qualitäten und sind einzigartig. Wir passen in kein Muster und kein Raster, also sollten wir uns doch auch nicht dadurch zwingen? Leider werden wir dies im Alltag jedoch fast ausschließlich und wir werden zu „funktionierenden Robotern“ im System. Wir verlieren Kreativität, Diversität und die Einzigartigkeit.
Was dabei rumkommt?
Junge Menschen, denen der SINN fehlt und die schon von weitem leblos aussehen – so als hätte man ihnen die Seele aus dem Leib gerissen. So war es auch bei mir. Nach meinem sehr guten Abitur folgte ein Maschinenbaustudium an der renommierten RWTH in Aachen und irgendwann holte mein fehlender Selbstwert und
die Überforderung mich ein. Natürlich lagen die Ursachen für diesen steinigen Weg viel tiefer in mir drin und doch fühlte ich mich in Schule und auch Uni nie als Mensch verstanden, sondern eher als „High-Performer“.
Was folgte, waren schwere Depressionen, ein Klinikaufenthalt und eine riesige Lebenskrise. Das wünsche ich meinem größten Feind nicht und es liegt in unser aller Verantwortung zukünftig dafür zu sorgen, dass wir gesunden Selbstwert vorleben und vermitteln.
Heute studiere ich Psychologie und lebe ein sicherlich bewussteres Leben, auch wenn die Wunden der Vergangenheit immer mal wieder aufklaffen. Jedoch würde ich behaupten, dass ich nun einen SINN in meinem Leben gefunden habe und gemäß Viktor Frankls Idee der Logotherapie, die ich sehr unterstütze, ist dies eine noch wichtigere Grundlage für menschliches Leben als „das Brot zum Essen“.

Luca Bischoni, 22: Psychologie-Student und Autor von „Als man mir den Stecker zog“